Vortrag von Oya Akdeniz, M.A. Erziehungswissenschaft und Orientalistik/Islamwissenschaft
Innerhalb des Programmangebotes der Stadt Neuss zum Internationalen Frauentag beteiligte sich auch die Puzzle-Fraueninitiative mit einem Vortragsangebot über Hochbegabung bei Mädchen. Zu der wie immer kostenfreien Veranstaltung am 15. März 2013 kamen viele interessierte Frauen mit vorwiegend türkischer Herkunft.
Der Vortrag verdeutlichte, wie Lernschwierigkeiten oder Hochbegabung bei Mädchen festgestellt werden und wie damit umgegangen wird. Außerdem wurde die Prävention von Lernschwierigkeiten oder aber auch die angemessene Auseinandersetzung mit der Hochbegabung von Mädchen thematisiert.
Die Referentin verstand es, zügig und ohne hochwissenschaftliche Umschweife die wichtigsten Punkte herauszustellen, sodass man ihr leicht folgen konnte.
Man erfuhr, dass ca. 2 Prozent der Bevölkerung hochbegabt ist. Ob das nun Fluch oder Segen für die Beteiligten darstellt, liegt daran, wie damit (frühzeitig) umgegangen wird.
Prinzipiell wichtig ist ein positives Selbstbild für die Entwicklung und die berufliche Qualifizierung der Mädchen. Wenig Selbstvertrauen und fehlender persönlicher Erfolg führen nicht dazu. Frau Akdeniz führte aus, dass auch das Verhalten der Lehrer geschlechtsstereotypisch ist, dass Mädchen anders behandelt werden als Jungen. Das soziale Umfeld spielt auch eine Rolle. Je höher der Bildungsstand der Eltern, desto weniger Unterschiede wird in der Erziehung und Förderung von Jungen und Mädchen gemacht.
Mädchen haben eher eine realistische Selbsteinschätzung und neigen dazu, Fehler bei sich selbst zu suchen nach dem Motto: „Ich habe versagt, weil ich …“. Zeitdruck macht ihnen besonders zu schaffen. Jungen überschätzen sich oft und weisen beim Versagen eher den anderen die Schuld zu.
Seit den 60er-Jahren haben die Mädchen aufgeholt, trotzdem schöpfen sie ihr Potential nicht aus. Spätestens beim Eintritt in das Berufsleben zeigt sich diese Haltung ganz deutlich.
Wichtig ist bei der Erziehung, dass die Aufmerksamkeit gleich auf alle – lernschwächere bis hochbegabte – Kinder und Schüler verteilt wird. Auch das hochbegabte Kind braucht Lob! Und statt einer Stereotypisierung sollte stets ein individuelles Feedback angestrebt werden.
Lernschwierigkeiten haben ca. 15 Prozent der Schüler und Schülerinnen aufgrund verschiedener ungünstiger Bedingungen. Lernbehinderungen treten sogar bei 2,5 Prozent der Schülerschaft auf. Auch Scham- und Stresssymptome aufgrund der Herkunft oder sozialen Schicht, des niedrigen sozialen Ansehens, führen dazu. Die „Rettung“ stellt für Mädchen manchmal eine Schwangerschaft und frühe Heirat dar – und endet nicht selten als alleinerziehend.
Durch angepasstes Verhalten werden Lernprobleme bei Mädchen oft nicht erkannt. Hier sollte individuell geprüft werden: Was braucht dieses Mädchen (aufgrund ihrer spezifischen Probleme)?
Mädchen benötigen bereits im Vorschulbereich ein anregungsreiches Klima zum Aufwachsen. Das Interesse des KiTa-Kindes darf nicht verweigert, sondern sollte immer gefördert werden. Hochbegabte Mädchen zeichnen sich durch vielseitige Interessensgebiete aus, während hochbegabte Jungen meistens fixiert auf ein Gebiet sind und öfter als „Sonderlinge“ gelten.
Jungen sind prinzipiell mehr am Computer interessiert als Mädchen, hochbegabte Jungen sind immer ausgesprochene Computerfreaks. Mädchen dagegen verbinden den Computer eher mit anderen Dingen, nutzen ihn für bestimmte Zwecke. Die Jungen legen sich schon früh fest, was sie später machen wollen, sind verbissener in ihren Vorhaben und haben geringere soziale Kontakte. Mädchen sind sozialer orientiert, kombinieren ihre Begabung mit anderen Dingen. Von beiden werden oft ältere Spielpartner bevorzugt.
Warum bleibt Hochbegabung bei Mädchen oft unentdeckt? Eltern glauben bei Mädchen weniger an Hochbegabung, Mädchen fallen weniger auf durch störendes oder auffallendes Verhalten. „Streber“ findet man bei Mädchen deshalb seltener – sie sind nicht beliebt. Die Folgen dieser Unterforderung und Anpassung an das mittlere Niveau der Klasse sind Lustlosigkeit, Despression, psychosomatische Beschwerden.
Hochbegabte Frauen passen sich ein Leben lang an, das gilt auch im privaten Bereich (Ehemann) und in der Berufszielsetzung. Oft sind sie unglückliche Menschen, die Verständnis, Anerkennung und Zuneigung und später Rückendeckung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf brauchen, denn da steigt das Stresspotential noch einmal in die Höhe!
Zum Schluss der Appel der Gastrednerin: Gute Kinderbetreuung ist Voraussetzung, mehr Hochbegabten-Beratung und Informationsmaterialien, damit frühzeitig die Weichen gestellt werden für ein erfülltes, sinnvolles Leben, das unserer Gesellschaft dienlich ist.
Im anschließenden Dialog konnten Fragen beantwortet werden. Auch hier überzeugte Oya Kadeniz mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung.
Ein anregender Austausch der Besucherinnen bei türkischem Tee, herzhaften Häppchen und süßem Gebäck rundete diese gelungene Veranstaltung ab.

Veranstaltung zum Internationalen Frauentag am 15.03.2013 Oya Akdeniz M.A. Erziehungswissenschaft und Orientalistik/Islamwissenschaft SIE MÖCHTE DAS FOTO VOR VERÖFFENTLICHUNG SEHEN!!!!

Veranstaltung zum Internationalen Frauentag am 15.03.2013
Oya Akdeniz M.A. Erziehungswissenschaft und Orientalistik/Islamwissenschaft