Powerfrau mit Herz und Hirn: Bouchra El Maazi zur Teatime

Lebensgeschichten von erfolgreichen Mitmenschen zu hören ist für andere immer spannend. So lockte die Ankündigung, dass Bouchra El Maazi, die „Allroundfrau für Integration“ zur ersten Teatime des Jahres 2017 eingeladen wurde, zahlreiche interessierte Frauen an.

Die 38-jährige Deutsche mit marokkanischen Wurzeln stellte ihr privates und berufliches Leben vor, ihre politische Einstellung und natürlich auch ihr großes ehrenamtliches Engagement für die Integration, durch das sie in Neuss und Kaarst inzwischen als Expertin auf diesem Gebiet angesehen wird.

Zu Anfang äußerte sie sich zur gegenwärtigen „Nafri“-Diskussion: Die Polizei hat einen guten Job gemacht und es gab keine größeren Ausschreitungen – das zählt. Das Ganze sei ein Beispiel dafür, dass Integrationspolitik nur von Deutschen gemacht wird. Auch bei der Bewältigung der Flüchtlingsproblematik blieben die Migrantenorganisationen außen vor. Insgesamt sollten alle an einem Strang ziehen und die Meinungen der Menschen gehört werden, die es betrifft.

El Maazis berufliche Karriere startete mit einer Ausbildung zur Industriekauffrau beim RWE in Neuss und der Hauptverwaltung Essen. 2001 wechselte sie als Bilanzbuchhalterin zu den Stadtwerken Düsseldorf. Nach zwölf Jahren wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit als Mentorin mit „Mentoring & More“. Seitdem wird sie als Interkulturelle Referentin z.B. bei der Caritas, AWO, VHS Neuss/Kaarst, den Familienzentren im RKN, in Krankenhäusern und Unternehmen gebucht. Zusätzlich bietet sie Integrationsberatung für Frauen an, gibt Sprachunterricht für arabisch sprechende Menschen und übernimmt Projektleitungen. (Mehr unter: www.mentoring-and-more.de)

Trotz vieler Steine, die ihr offen in den Weg gelegt wurden, schaffte sie es, in Kaarst einen Integrationsrat aufzustellen und zur Vorsitzenden gewählt zu werden. Weiterhin ist sie Sprecherin der Integrationslotsen im Integrationsrat der Stadt Neuss, Mitglied der AG Migration und Vielfalt und steht ebenfalls als interkulturelle Beraterin zur Verfügung.

Aber die Referentin berichtete auch offen von negativen Erfahrungen; so hatte sie einen Kurs für marokkanische Frauen aufgegeben, weil diese sich nicht integrieren wollten. In einem Alphabetisierungskurs kämpfte sie mit einem Teilnehmer lange, bevor es zum gemeinsamen ersten Erfolgserlebnis kam. Beispiele für gelungene Integration und ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden motivieren sie für weitere Aktivitäten.

Zu ihrem außergewöhnlichen ehrenamtlichen Einsatz gehören: Integrationslotsin der Stadt Neuss und Kaarst, private Spendenorganisationen um Familien direkt zu unterstützen, Projektbetreuung (z. B. Cafe International, Back- und Kochkurse etc.), Mitglied im Verein Raum der Kulturen (früher im Vorstand), im Verein Mosaik (seit 4 Jahren Dialogtischbegleiterin bei der Rheinbahn Düsseldorf) und bei Oum el Banine Düsseldorf.

Wie schafft eine muslimische Frau mit marokkanischen Wurzeln und Mutter von drei minderjährigen Kindern das alles? Ohne die Unterstützung ihrer Familie ginge das nicht, hob El Maazi gleich zu Beginn ihres Vortrages hervor: Mit ihrem Mann spricht die Gleichberechtigte ihre Termine ab. Auf die kann er aufgrund seiner Wechselschicht flexibel eingehen. Und da ist noch ihre Mutter, die gerne auf die drei Mädchen aufpasst, wenn er nicht kann „Ich habe meine Kinder nie abgegeben“, konnte sie deshalb auch sagen und riet anderen Frauen mit Kindern zur Arbeitsaufnahme. Ein Kind zu haben sei kein Grund, nicht arbeiten zu gehen. (Es gibt ja noch die Kindertagesstätten …)

Die anschließende Schilderung ihres Tagesablaufs mit Beginn um 4.30 Uhr sorgte für Erstaunen und Bewunderung bei den Zuhörerinnen. Auch ihre geäußerten eigenen Erfahrungen mit dem früheren Fremdfühlen in Deutschland sowie (nicht nur ihr) entgegengebrachte Fragen wie „Warum trägst du kein Kopftuch? Bist du keine Muslimin?“ führten nach ihrem Vortrag dazu, sich bei türkischem Tee und Leckereien lebhaft auszutauschen.

Fotoalbum zur Veranstaltung:
Bouchra El Maazi zur Teatime